"Bund der Deutschen in Böhmen, e.V.", Sitz: Netschetin / Nečtiny in Tschechien ist ein Verein der deutschen Minderheit in Westböhmen.

Vereinszweck:

  • Erhalt der deutschen Sprache und des „Egerländer Kulturerbes“
  • Schutz der Interessen der deutschen Minderheit
  • Völkerverständigung, insbesonders zwischen GER und CZE

Corona-Lesungen
(6. Egerländer Autorenlesung November 2021)

M.R.

Der „Bund der Deutschen in Böhmen, e.V.“ aus Plachtin b. Netschetin hat als einer der ganz wenigen Vereine der deutschen Minderheit in Tschechien zwei lebendige Kulturgruppen. Neben der Egerländer Volkstanzgruppe „Die Målas“ ist das das Duo „Målaboum.“ Das bildet der letzte Autor der Gedichte und Geschichten in Egerländer Mundart in Tschechien, der Måla Richard Šulko und sein Sohn Vojtěch, welcher ihn auf der Zither begleitet. Neben den Texten singt der Måla Richard noch dazu in Egerländer Mundart. Um das Egerländer, auch das „lebendige“ Kulturgut zu erhalten, werden verschiedene Auftritte, aber auch Projekte durchgeführt. Eins davon ist eine Leserreise, die vom Deutschen Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat mitfinanziert wird. Im Jahre 2020 mussten die gewohnten drei „Lesestationen“ auf nur eine wegen „Corona“ gekürzt werden. Umso mehr freuten sich die Künstler auf das Jahr 2021, weil die Impfungsrate hoch sein sollte.

 

Im Frühjahr 2021 war die Lage in Tschechien, wo die Lesungen stattfinden, immer noch sehr angespannt und der ursprüngliche Termin Juni 2021 musste auf den Herbst verlegt werden. „Wenn man die steigende Zahl der Geimpften sieht, glaube ich sagen zu dürfen, dass wir in Ruhe im November die Lesungen durchführen können,“ meinte Richard Šulko. Es sah alles so alles wunderbar aus… bis aber der Termin der Parlamentswahlen in Tschechien im Oktober vor der Tür stand. Es tauchten die bizzarsten Gruppierungen auf, die sich als Hauptthema den Kampf gegen Impfungen aufs Wahlprogramm schrieben. Soziale Netze  spielen leider auch in diesem Falle eine ganz große negative Rolle und das Ergebnis konnte nicht lange auf sich warten lassen: ab September stieg die Inzidenz-Zahl auf die höchsten Werte seit September 2020.

Größte Kurstadt blieb leer

Die erste Lesung wurde für den 4. November 2021 geplant. Wie die sehr guten Besucherzahlen in der Egerer Stadtbibliothek im Jahr 2019 gezeigt hatten, kommen viele Besucher zu den Vorträgen oder Veranstaltungen, die regelmäßig von den Bibliotheken organisiert werden. „Wenn man noch in die große Bezirksbibliothek in Karlsbad geht, müssen so 40 Menschen kommen,“ dachte Richard Šulko. Als aber am Nachmittag, den 4. November 2021 die „Målaboum“ dort ankamen, waren ganze drei Personen anwesend! „Wissen sie, wegen Corona kommen in der jetzigen Zeit keine Menschen zu den Veranstaltungen: die haben Angst, weil noch eine große Zahl der Menschen in der Risikogruppe nicht geimpft ist,“ erwähnte die Mitarbeiterin der Bibliothek. Das eineinhalbstündige Programm wurde selbstverständlich durchgeführt und man machte der Bibliothekarin eine große Freude, die den Autor aus dem „Heimatbrief“ kannte, aber nicht persönlich.  

Lesung in der Egerländer Stube

Die Zweite Lesung wurde im Marienbader Stadtmuseum, in der Egerländer Bauernstube durchgeführt. Trotz der üblichen Werbung und Gewohnheiten, wie bei anderen Aktionen des Museums war das Bild gleich, wie in der Karlsbader Bibliothek: drei Besucher. Wie aber in Karlsbad, so auch in Marienbad kam eine Person, der man einen große Freude bereitete: der Graslitzer Pfarrer Mons. Peter Fořt. Der hörte mit geschlossenen Augen zu und sagte: „Ich höre jetzt meine Mama, die auch auf der Zither spielte.“ Er selber stammt aus Marienbad und versteht also sehr gut die Egerländer Mundart. P. Fořt spielt selber auf der Gitarre und neben dem Gesang erzählt er auch gerne Witze. Deshalb verstand er auch ganz gut die Texte, die der Måla Richard vortrug. Zum Abschied gab es für die Målaboum noch den Segen von ihm, „damit sie im Spielen und Gesang aushalten,“ sagte P. Fořt.

Menschen aus Stahl

Ein ganz anderes Bild gab es in Komotau, im Hauptsaal des Stadtmuseums: 15 Zuschauer kamen, trotz der hohen Inzidenz-Zahl im Bezirk Aussig, in dem sich Komotau befindet. Ob es an der Tatsache lag, dass sich in Komotau die früheren „Mannesmann-Werke“ befinden und die Menschen so stark, wie die dort produzierte Stahlrohre sind, oder an der Tatsache, dass die Organisation neben dem Museum auch der dortige „Kulturverband“ mit der Dipl-Ing. Alice Hlaváčková an derv Spitze übernahm, weiß man nicht. Aber in Komotau funktioniert es immer! Zwei Tage vor der Lesung wurde feierlich im Museum die Übersetzung des Buches vom Gert Schrötter: „Der Schlüssel. Geschichte einer Jugend in Nordböhmen“ vorgestellt. Die Übersetzer Herr Milan Kostkan war bei der Lesung auch anwesend und konnte sich dann mit dem Måla Richard kurz unterhalten. „Wissen sie, ich habe dieses Buch als Beitrag zur Versöhnung übersetzt,“ sagte Kostkan zu ihm.

Ja, auch die Lesungen  dienen nicht nur dem Erhalt und der Entwicklung des Egerländer Kulturerbes, sondern auch der Versöhnung zwischen unseren Völkern. Deswegen sind sie ganz wichtig. Trotz „Corona“ und der kleineren Zuschauerzahlen also wieder eine gelungene Sache!