"Bund der Deutschen in Böhmen, e.V.", Sitz: Netschetin / Nečtiny in Tschechien ist ein Verein der deutschen Minderheit in Westböhmen.

Vereinszweck:

  • Erhalt der deutschen Sprache und des „Egerländer Kulturerbes“
  • Schutz der Interessen der deutschen Minderheit
  • Völkerverständigung, insbesonders zwischen GER und CZE

ZUKUNFTSORIENTIERTE VERBANDS- UND NACHWUCHSARBEIT 2022

(Seminar für Führungskräfte der Deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik, Brünn, 24.- 26. Juni 2022)

Dank der finanziellen Unterstützung der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“ in Baden-Württemberg lud die „Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik“ (LV) wieder zu einem Bildungsseminar ein, diesmal nach Brünn. Das Domizil wurde das Hotel Continental im Stadtzentrum. Freitagnachmittag eröffnete Martin Dzingel, Präsident der Landesversammlung, die Begegnung. Er begrüßte die Gäste: aus Deutschland vom BWI (Baden-Württemberg International): reisten Frau Valentina Tarasova-Ebling und Thomas Laux an. Gastgeber war der Kulturverband in Brünn: Dr. Eleonore Jeřábková, die neue Vorsitzende, begrüßte die Anwesenden und präsentierte die Arbeit des Verbandes. Danach ging es mit den Präsentationen weiter:

Herr Thomas Laux startete die Fachvorträge mit der Vorstellung der Anträge für das Jahr 2023 beim „Bundesministerium des Innern und für Heimat“ (BMI) in Deutschland. Es folge die detaillierte Auslegung der Antragstabellen von Frau Tarasova-Ebling. In lebendiger Diskussion wurden sehr detailliert die Antragsformulare besprochen und die Bedingungen für die erfolgreiche Antragstellung erläutert.

Südmährens Persönlichkeiten…

Samstag früh startete das Programm Frau Dr. Eleonore Jeřábková mit einem Vortrag über die Schriftstellerin Frau Marie von Ebner-Eschenbach. „Wir wissen bis heute nicht, wie klug sie war!“ startete Jeřábková ihren Vortrag. Ebner-Eschenbach heiratete ihren Cousin und hatte keine Kinder.. Die Schizophrenie ihrer Schwiegermutter und die Ehe selber beeinflusste das Werk Ebner-Eschenbach grundsächlich. Sehr berühmt sind ihre sehr detaillierten Tagebücher. Ebner-Eschenbachs Freund war u.a. Hieronymus Lorm (Pseudonym des Schriftstellers Heinrich Landesmann), welcher das Lorm-Alphabet erfand. 1910 und 1911 wurde Ebner-Eschenbach für den Nobelpreis für Literatur nominiert. Den zweiten Vortrag besorgte Dr. Vojen Drlík aus Brünn: „Sechs (un)bekannte Frauen aus Brünn des 20. Jahrhunderts“ (Leistungen ausgewählter Frauenpersönlichkeiten des deutsch- tschechisch-jüdischen Brünns). Die wohl interessantesten drei Persönlichkeiten für mich waren die Fränze Grubner, Vanda Zitová und Lili Czech. Grubner war eine Brünner Fotografin, die Theresienstadt überlebte, aber nach der der Machtübernahme durch die Kommunisten 1948 ging sie nach Israel, wo sie im Jahre 1994 verstarb. Vanda Zitová war eine Opern-Diva, die im Jahre 1953 ihre Karriere aufgab und als „Frühstücksbesorgerin“ in der „1. Brünner Maschinenfabrik“ arbeitete. Lili Czech war die Frau vom Dr. Ludwig Czech, der ein langjähriger Vorsitzender der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakei“ war. Sie folgte ihren Mann nach Theresienstadt, wo er starb. Lili überlebte die Nazi-Zeit und starb dann im Jahre 1973 in Wien.

Die Villa Löw Beer

Eine Führung durch das deutsch-jüdischen Brünn mit anschließender Besichtigung der Villa Löw Beer durch Dr. Zdeněk Mareček war der erste Programmpunkt nach dem Mittagessen. Weil die Villa Löw durch einen Park mit der Villa Tugendhat verbunden ist (Die Tochter von Alfred und Marianne Löw-Beer, Grete, heiratete Fritz Tugendhat), haben die Seminarteilnehmer auch die Villa Tugendhat von außen besichtigen können. Das wohl größte Rätsel hatten die tschechischen Teilnehmer zu lösen: „Unter welchem Baum wurde die Trennung zwischen den Slowaken und Tschechen vereinbart.“ Nach dem Kulturellen kam das Leibliche. Mit einer Straßenbahn und anschließend mit einem Bus fuhren die Teilnehmer nach Brünn – Turas (Tuřany), wo schon der Winzer mit deutschen Wurzeln, Herr Miroslav Drápela, wartete. Nach einer Kostprobe aus seinen Weinen und einem großen Schnitzel ging es dann wieder ins Hotel. Einige nutzten noch das schöne Wetter zu einem Spaziergang in die Stadt, wo viel los war. Sonntagfrüh sammelten sich dann alle im dortigen Deutsch-tschechischen Begegnungszentrum, wo eine Evaluierung des Seminars gemacht wurde und Pläne für das nächste. Ein großer Dank geht nicht nur nach Stuttgart, sondern auch an die Landesversammlung, BWI und den Kulturverein Brünn mit Milan Neužil!

(MR)