"Bund der Deutschen in Böhmen, e.V.", Sitz: Netschetin / Nečtiny in Tschechien ist ein Verein der deutschen Minderheit in Westböhmen.

Vereinszweck:

  • Erhalt der deutschen Sprache und des „Egerländer Kulturerbes“
  • Schutz der Interessen der deutschen Minderheit
  • Völkerverständigung, insbesonders zwischen GER und CZE

Zwei Tage im Einsatz

Laurentiusfest in Chodau und Kumerau 13. und 14. August 2022: die Vereinsfahne erzählt

 

Ich, die Egerländer Vereinsfahne vom „Bund der Deutschen in Böhmen e.V.“ erlebte zwei hochinteressante Einsätze für den Glauben und die Völkerverständigung: am Samstag, den 13. August fuhr mit mir der Vorsitzende und mein Herr Måla Richard (Šulko) nach Chodau bei Karlsbad und am Sonntag, den 14. August erlebte ich ein Fest auf dem Land: in Kumerau bei Theusing. Ach, wie schön war es, dass ich aus meinem Aufenthaltsort im „Häuschen am Waldesrande“ kommend wieder in der weiten Welt meine Pracht zeigen konnte!

 

Das Laurentiusfest in Chodau gehört für meinen Herr inzwischen zum festen Termin in seinem Kalender. Die Stadtführung ist ein hervorragendes Team, welches sich auch zu der deutschen Vergangenheit der Stadt bekennt. Zum Laurentiusfest kommen viele Gebürtige aus Chodau nicht nur aus ihren neuen Heimat Deutschland, sondern auch deutsche „Verbliebene,“ also die deutsche Minderheit. „Schön, dass sie immer hier so treu das Deutschtum pflegen,“ sagte der Heimatpfleger der vertriebenen Chodauern, Josef Moder zu meinem Chef. Auch der Bürgermeister der Stadt, Patrik Pizinger und der stellvertretende Bürgermeister Luděk Soukup freuten sich, dass der „Bund der Deutschen“ ebenfalls  dabei ist. Die hl. Messe zelebrierte der Abt des Prämonstratenser Klosters in Tepl, P. Zdeněk Filip Lobkowicz, OPraem. Nach dem Gottesdienst versammelten sich dann alle im Pfarrgarten, wo die Stadt eine Erfrischung vorbereitet hatte. Schade, dass mein Herr nach Netschetin zum regelmäßigen Gottesdienst weiterfahren musste, weil die Schnitzel und die „Pagáče“ (ein salziges slowakisches Gebäck) rochen so gut!  

Nach Jahrzehnten Pause wieder ein Laurentiusfest

Das Ehepaar Jiří und Lenka Schierl, die sich um die Kirche in Maria Stock kümmern, zogen vor zwei Jahren nach Kumerau bei Theusing. Vor längerer Zeit kaufte Jiří Schierl das Anwesen Nr. 12 in Kumerau, welches zu den ältesten mittelalterlichen Bauten in Böhmen gehört. Das Haus, welches seit dem 30. März 2012 zu den Kulturdenkmälern Tschechiens gehört, hat im Keller Balken, die laut dendrochronologische Untersuchung aus den Jahren 1483-1484 stammen. Ein Kleinod in einem Dorf, aus welchem die deutschen Bewohner nach 1945 vertrieben worden sind. Das wohl interessanteste ist jedoch die Tatsache, dass ein 21jähriger Nachkomme vom letzten Inhaber dieses Hauses, welches bis 1945 ein Gasthaus war, Jakob Fechter, regelmäßig auch mit seiner Familie nach Kummerau kommt und sich für die Geschichte seiner Familie und des Dorfes interessiert. Zum Laurentiusfest 2022 kam zwar Jakob alleine, aber mit seine Freundin Nele Ostermann aus der Nähe von Bonn. Mein Herr freute sich über den Besuch des Vereinsmitgliedes, welcher schon Am Freitag ankam und in der Netschetiner Gaststätte „Am Rathaus“ meinen Herrn zum Abendessen einlud. Samstag zeigte Jakob seiner Freundin das Egerland und am Sonntag kam das große Fest.

Heimatbuch und Franz Kafka

Jakob kam zum Treffen voll ausgerüstet: mit dem Heimatbuch des Kreises Luditz und mit alten Fotos seiner Familie, wo man auch die Häuser in Kumerau vor dem Krieg sehen konnte. Schade, dass beim ersten Festprogrammpunkt: Besichtigung der Kirche mich der Herr im Kofferraum ließ, damit ich beim Klettern auf den Dachboden der Kirche nich zu Schaden käme. Er hat mir aber alles erzählt und daher kann ich auch berichten, was da los war. Es war eine sehr gut besuchte Führung. „Ich weiß nicht, ob sie wissen, dass die Kirche beim barocken Umbau damals noch keinen Turm hatte,“ erzählte Jiří Schierl den Besuchern. Wenn man den Dachstuhl aus dem 18. Jahrhundert sieht, kann man sehen, dass dort, wo jetzt der Kirchenturm ist, früher ein schräges Dach war. Ansonsten ist die Kirche in schlechtem Zustand, aber am Dach wird schon gearbeitet. Diese Kirche ist einer der wenigen, die noch der katholischen Kirche gehört. Der zweite Programmpunkt war ein Theaterstück, direkt auf dem Marktplatz aufgeführt: „Erzählung über den Gregor.“ Nach der Erzählung von Franz Kafka „Die Verwandlung“ aus dem Jahre 1921 hatten  Filip Vosáhlo und Agáta Šumová mit Musik von Matyáš Polák das Thema der Hilfe und Unterstützung im sozialen Umfeld verarbeitet. Eine sehr gelungene Darbietung, welche etwa 60 Zuschauer anlockte. Jakob konnte sich dann mit der Dolmetscherhilfe von meinem Herrn mit einer Frau unterhalten, die jetzt im Haus seiner Großtante ohnt und die mit ihrer Familie aus Vodňany in Südböhmen im Jahre 1946 nach Kumerau gekommen war.

Bischof und zwei Priester

Für mich kam der Höhepunkt des Tages um 14 Uhr: ich wurde aus dem Kofferraum des Egerland-Flitzers geholt und in die Kirche gebracht. Den Festgottesdient zelebrierte der Emeritus Pilsner Bischof Mons. František Radkovský, an seiner Seite stand der „Hausherr,“ der Buchauer Pfarrer P. Mgr. Józef Franciszek Szczepaniak, CMF und der aus Würzburg angereiste P. Klaus Oehrlein. In seiner Predigt zeigte der Bischof am Beispiel vom hl. Laurentius den Weg auch für uns in dieser schwierigen Zeit. Nach dem Gottesdienst trank mein Herr noch einen Kaffee und gemeinsam kamen wir beide wieder unbeschädigt nach Hause.

M.R.