"Bund der Deutschen in Böhmen, e.V.", Sitz: Netschetin / Nečtiny in Tschechien ist ein Verein der deutschen Minderheit in Westböhmen.

Vereinszweck:

  • Erhalt der deutschen Sprache und des „Egerländer Kulturerbes“
  • Schutz der Interessen der deutschen Minderheit
  • Völkerverständigung, insbesonders zwischen GER und CZE

Mit der Heiligen Familie auf der deutschen Botschaft

(Weihnachtliche Lesung mit Wolfram Ster am 28. November 2022)

Die „Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ organisierte in Zusammenarbeit mit der „Landesversammlung der deutschen Verbände in der Tschechischen Republik“ im Kuppelsaal der Deutschen Botschaft Prag eine besondere, nachdenkliche Advent-Lesung. Der Schauspieler und Rezitator Wolfram Ster las aus Otfried Preußlers Buch „Die Flucht nach Ägypten.“ Musikalisch wurde die Lesung von Gerhard und Andrea Ehrlich vom Duo „Bojaz – Egerländer Bauernmusik“ begleitet.

Der Besuch der deutschen Botschaft in Prag ist für die Angehörigen der deutschen Minderheit immer etwas Besonderes. Schade, dass man dorthin nicht immer Einladungen bekommen kann. 1989 wurde das Palais Lobkowicz, in welchem sich die Botschaft befindet, zu einem Ort der Geschichte, als bis 4 Tausend Bürger der damaligen DDR dort ihren Flüchtlingsort aufsuchten. Der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher verkündete damals am 30. September den zusammengepferchten Menschen, dass ihre Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland möglich geworden war. Und zwar von dem berühmten Balkon, der sich eben in dem Kuppelsaal befindet. Es ist schon ein ganz besonderes Erlebnis auf diesem Balkon zu stehen!

Ein Vertriebener aus Reichenberg.

Otfried Preußler wurde am 20. Oktober 1923 in Reichenberg, Tschechoslowakei als Otfried Syrowatka geboren. Gestorben ist er am 18. Februar 2013 in Prien am Chiemsee. Preußler war ein deutschsprachiger Schriftsteller. Sein Werk besteht aus 32 Kinderbüchern, die bekanntesten davon sind „Der kleine Wassermann“, „Der Räuber Hotzenplotz“, „Krabat“, „Das kleine Gespenst“ und „Die kleine Hexe“. Die Bücher wurden in 55 Sprachen übersetzt und haben eine Gesamtauflage von 50 Millionen Exemplaren erreicht. Für einen Vertriebenen mit der Liebe zu Böhmen und für einen Christen ist jedoch das Buch „Die Flucht nach Ägypten“ am interessantesten. In der Bibel ist ja die Flucht der Muttergottes mit dem hl. Josef und dem kleinen Jesulein beschrieben, aber die Verbindung mit Böhmen und den dortigen Realien machen das Werk sehr viel spannender und interessanter. Waren 1989 nicht auch junge Deutsche mit kleinen Kindern auf der Flucht über Böhmen nach Deutschland?

Einmalige Atmosphäre…

Die Vorlesung übernahm Wolfram Ster. Wenn man sich in diesem historischen Gebäude befindet, welches das Palais Lobkowicz ist und man hört sich in die Texte ein, kann man sich die Flucht ganz lebendig vorstellen: hier ein kleiner Ausschnitt aus dem Text: "Und drittens jedoch und hauptsächlich wird man sich fragen müssen, wie denn der heilige Josef seinerzeit, auf der Flucht vor dem König Herodes, überhaupt mit dem lieben Jesulein und der Muttergottes hätte im Königreich Böhmen durchkommen können, wenn vormals der Weg von Bethlehem nach Ägypten nicht in der oben beschrieben Weise verlaufen wäre. Und durchgekommen, im Königreich Böhmen, das sind sie ganz ohne Zweifel, nämlich es fehlt nicht an Zeugen, die das bekundet haben, darunter auch meine beiden Großmütter."

 

Dudelsack im Palais…

Die musikalische Begleitung wurde von Gerhard und Andrea Ehrlich vom Duo „Bojaz – Egerländer Bauernmusik“ mit viel Liebe und Gefühl gemacht. Nach den einleitenden Tönen begrüßten die Anwesenden der Hausherr, der Botschafter Andreas Künne und der Präsident der „Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik,“ Martin Dzingel. Der Dudelsack, die Egerländer Hakenharfe oder die Klarinette passten zu dem Text ausgezeichnet und wenn man noch den wunderschön geschmückten Weihnachtsbaum miteinbezogen hat, in die Adventszeit, war das ein unvergessliches Ereignis. Nach der Lesung bedankte sich auch der Vorsitzende des Stiftungsrates, Hartmut Koschyk fürs Kommen und bei den Mitwirkenden und es folgten Gespräche bei einem Empfang. Weil die „Nacht noch jung war,“ führten meine Wege mit meiner Frau zum Altstädter Ring, wo wir nicht nur den Adventsmarkt besichtigten und einen Weihnachtsschmuck für unseren Christbaum kauften, sondern bei der neuen Mariensäule auch für unsere Nächsten beteten.

Richard Šulko