"Bund der Deutschen in Böhmen, e.V.", Sitz: Netschetin / Nečtiny in Tschechien ist ein Verein der deutschen Minderheit in Westböhmen.

Vereinszweck:

  • Erhalt der deutschen Sprache und des „Egerländer Kulturerbes“
  • Schutz der Interessen der deutschen Minderheit
  • Völkerverständigung, insbesonders zwischen GER und CZE

In guter Gesellschaft
(Egerländer Abend im Johnsdorfer Hockehof bei Graber, Böhmisch Leipa 10. Juni 2023)


Das internationale Musikfestival „Lípa Musica“ ist das wichtigste Festival-Projekt der klassischen Musik in Nordböhmen. In seiner 19-jährigen Geschichte ergänzte es die Kulturlandschaft Böhmens um ein hoch anerkanntes Musikfest und mit der Zeit wurde es zu einem Spitzenrepräsentanten der böhmischen Kultur nicht nur in der Tschechischen Republik, sondern auch in Deutschland. Speziell im ehemaligen sudetendeutschen Siedlungsgebiet erweitert es den Deutsch-böhmischen Dialog und vertieft die Freundschaftsbeziehungen zwischen den Ländern.

Im Rahmen des Böhmisch Leipaischen Kammerzyklus konnte man schon im Jahre 2023 einiges sehen, wie z. B. die Chor-Passion in der Jan Hus-Kirche in Böhmisch Leipa, durchgeführt von der „Schola Gregoriana Pragensis,“ unter der künstlerischen Leitung von David Eben oder das Concerto Aventino auch in derselben Kirche mit den Werken von F. Mancini, J. A. Hasse, H. Kapsberger, G. Sammartini, J. S. Bach, A. Corelli. Am 30. Juni findet in der Bergkirche Oybin ein Konzert von Czech Brass statt, mit folgenden Musikstücken: Marc Antoine Charpentier: Te Deum, Pavel Josef Vejvanovský: Sonata Vespertina, Johann Sebastian Bach: Orchestrale Suite č. 2 b-Moll – Badinerie, Brandenburger Konzert Nr. 2 – Allegro assai, Georges Bizet: Suite aus der Oper Carmen u.v.m.

Egerländer Volkslieder am Hockehof…

Dank der Empfehlung vom Historiker Tomáš Cidlina aus Böhmisch Leipa erreichte die Information über die fast vergessene, aber doch noch lebendige Kultur der verbliebenen Egerländer aus Netschetin auch die Festivalleitung. Als eine interessante Ergänzung wurden also für den 10. Juni nicht nur das Duo „Målaboum“ eingeladen, sondern auch die Egerländer Volkstanzgruppe „Die Målas.“ Als Austragungsort wurde die Scheune am Hockenhof in Janowitz bei Graber, Böhmisch Leipa gewählt. In einem wunderschön renovierten Bauernhof, der auch als Pension funktioniert, wurde es also an diesem Juni-Abend Egerländrisch.  Unter dem Programmnamen „Deutschböhmen leben noch“ wurde für die etwa 30 Zuschauer ein abwechslungsreiches Programm vorbereitet. In den 80 Minuten konnte man Egerländer Volkslieder hören, Texte in Egerländer Mundart, die direkt vom Måla Richard Šulko kamen und sechs Egerländer Volkstänze sehen. Wie der Måla Richard erwähnte: „Wenn man singt und tanzt, dann lebt man noch.“ Einen großer Applaus verdiente noch eine Zugabe und dann hieß es nur: „Gulasch und Bier her!“  Danach kamen mehrere Zuschauer auf den Måla Richard Šulko zu und ließen sich sein Buch unterschreiben. Ein jüngerer Gast meinte: „Das war ein poetischer Auftritt!“ Mit der Familie vom Tomáš Cidlina verbrachte dann der „Šulko-Clan“ den Abend im Garten des Anwesens und die Kinder waren schnell Freunde.

Erinnern in Theresienstadt…

Am Sonntagmorgen, sehr gut ausgeschlafen, führte der Weg nach Leitmeritz zur hl. Messe. Die Kathedrale St. Stephan im nordböhmischen Leitmeritz ist die Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Leitmeritz. Weil ganz in der Nähe Theresienstadt liegt, wurde beschlossen, auch in dieser Gedenkstätte der NS-Opfer zu gedenken. Die Blume für den Auftritt wurde dann am zentralen Kreuz für die Opfer niedergelegt. Es ist sehr traurig, wozu Menschen fähig sind. Die Menschheit ist scheinbar unbelehrbar, wie man heute in der Ukraine sieht. Mit dem Bösen muss man kämpfen, wer dem Bösen zuschaut und nichts dagegen macht, macht sich auch mitschuldig, wie der Martin Kos aus Saaz bei der Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen 1945 am 3. Juni 2023 sagte. Die Deutschböhmen aus Netschetin besuchten selbstverständlich auch die Einzelzelle vom Gavril Princip, welcher im Juni 1914 den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand von Österreich-Este ermordete und damit die Jahrhunderte lange Geschichte der Sudetendeutschen grundsätzlich änderte, Im Hof Nr. 4 wurde auch unser Netschetiner Pfarrer P. Vojtěch Pešek, TJ. eingesperrt und als im April 1945 Typhus ausbrach, ist er dort fast gestorben. Allgemein ist das Bild von dieser wichtigen Erinnerungsstelle sehr traurig und die ganze Anlage der Kleinen Festung sieht ungepflegt aus. Bei dem Weg von Theresienstadt nach Karlsbad hatten die Egerländer das Problem, ein Restaurant zu finden, wo man etwas essen könnte. Erst in Görkau fanden sie eine Pizzeria bei der St.-Ägidius-Kirche, aber generell ist das Stadtzentrum nicht gerade gastfreundlich. Gesund wieder zu Hause angekommen, erinnerten sich noch alle an diese feine Sache!

M.R.