"Bund der Deutschen in Böhmen, e.V.", Sitz: Netschetin / Nečtiny in Tschechien ist ein Verein der deutschen Minderheit in Westböhmen.

Vereinszweck:

  • Erhalt der deutschen Sprache und des „Egerländer Kulturerbes“
  • Schutz der Interessen der deutschen Minderheit
  • Völkerverständigung, insbesonders zwischen GER und CZE

Bildungsseminar „Zukunftsorientierte Verbands- und Nachwuchsarbeit 2025“

27.- 29.  Juni 2025 im Stift Tepl bei Marienbad

Richard Šulko

Die „Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik“ in Zusammenarbeit und mit finanzieller Unterstützung des Landesverbandes der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“ aus Baden-Württemberg lud zum Weiterbildungsseminar ein, diesmal in das Prämonstratenser Kloster in Tepl.

Der Präsident der „Landesversammlung“ Martin Dzingel begrüßte am Freitagnachmittag die Anwesenden und stellte das Programm fürs ganze Wochenende vor. Nach meiner Begrüßung folgte die Vorstellungsrunde, in der sich alle Teilnehmer kurz vorstellten. Nach der Vorstellungsrunde folgte der erste Vortrag, vorgetragen vom Julian Wetzig vom „Bundesministerium des Innern.“ Wetzig erklärte zuerst die EPL- Listen, wie sie auszufüllen sind. Es folgte dann die Erklärung, wie man mit den einzelnen Arbeitsfeldern umgehen muss. Teil des Vortrags waren auch praktische Beispiele von Projekten. Nach dem Vortrag folgten Übungen. Nach den Übungen ging Dzingel noch detailliert das Ausfüllen der EPL- Liste durch und beantwortete alles Fragen aus dem Publikum.

Nach den Vorträgen und der Diskussion folgte das Abendessen und für den Abend wurde vom Dzingel eine kleine Überraschung vorbereitet: ein Konzert im Blauen Saal des Klosters! Anlässlich des zehnten Jubiläums der „Hroznata Akademie“ im Stift Tepl lud das Stift die Geigenspielerin Arribas Quintana und die Klavierspieler Miroslav Sekera ein. Mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, Josef Suk, Ludwig van Beethoven und Jan Václav Hugo Voříšek begeisterten sie die Zuhörer. Für mich war das ein  ausgezeichnetes Erlebnis, speziell das Geigenspiel war voller Gefühle und präzise in der Technik. In der Pause wurde von der Akademie eine kleine Erfrischung vorbereitet, wobei man bei einem Glas Wein gute Gespräche führen konnte. Ein Teil der Besucher nahm dann noch an einem nächtlichen Rundgang durchs Kloster teil, was für sie auch zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde.

Vorträge und Stadtbesuch…

Samstagfrüh startete das Programm mit dem Vortrag „Historisches Egerland, Fakten Zahlen, Ansichten,“ vom Dr. Pavel Andrš, Staatsarchiv Karlsbad, Chronist der Stadt Neudek. In seinem Vortrag zeigte Andrš die Entwicklung von Westböhmen seit dem 12. und dem 13. Jahrhundert. Damals kamen deutsche Siedler in die Grenzrandgebiete um dort das Land fruchtbar zu machen. Eine wichtige Rolle spielten z. B. die Klöster und die Wirtschaft, z. B. der Bergbau. In der zweiten Welle der Kolonisation erwähnte Andrš die Stadt St. Joachimsthal mit 18 Tausend Bewohnern, damals zweitgrößte Stadt Böhmens. Im 16. und 17. Jahrhundert übernahm die deutsche Sprache die Mehrheit gegenüber der tschechischen in einigen Städten, wie z. B. um Bischofteinitz oder Wiesengrund. Andrš erwähnte auch die deutschen Mundarten im Egerland und dem Erzgebirge. Nach dem Dreißigjährigen Krieg verließen Protestanten Böhmen und gründeten z. B. Johanngeorgenstadt in Sachsen. Die große Entwicklung des Egerlandes kam mit der Industriellen Revolution. Es entstanden hunderte von wichtigen Unternehmern. Andrš erwähnte z. B. die Porzellanfabrik in Neu Rohlau oder das Kurwesen. Im Ersten Weltkrieg verlor das Egerland 3,75 % der Bewohner. Andrš erwähnte auch die Tschechisierung der deutsch besiedelten Gebiete in den 20er Jahren des 20. Jahrhundert. Damals war die stärkste Partei die „Deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei in der ČSR.“ Das war wegen der starken Industrie im Egerland. Z. B. in Neudek bekam im Jahre 1925 die DSAP 46,1% der Stimmen. Detailliert behandelte Andrš das Jahr 1938. In den Wahlen im Frühling 1938 bekam die „Sudetendeutsche Partei“ in Neudek 69,4% der Stimmen. Andrš erzählte auch die Lage im Egerland in den folgenden Kriegsjahren. Auch die Benesch-Dekrete erwähnte Andrš sehr detailliert. Auch die Nachkriegszeit erklärte Andrš sehr genau: welche Deutsche bleiben durften oder mussten und ihre Benachteiligung.

Die Målas….

In meinem Vortrag „Zu Hause im Egerland“ konzentrierte ich mich auf meine eigene Familiengeschichte und meine deutschen Wurzeln, die mir bei der ehrenamtlichen Arbeit für die deutsche Minderheit helfen. Schriftliche Beweise, wie z. B. Legitimation des Antifaschisten von meinem Urgroßvater, der als Deutscher 1945 enteignet und aus dem Elternhaus rausgeschmissen wurde, oder die Bestätigung aus dem Jahre 1949, dass mein Urgroßvater in sein inzwischen ausgeplündertes Haus als Mieter wieder einziehen kann, helfen dabei. In der zweiten Vortragshälfte zeigte ich die Präsentation 30 Jahre Dt.- tsch. Jugendbegegnung im Stift Tepl. Grund war die Tatsache, dass die Teilnehmer nach dem Mittagessen in die Stadt gingen, und einen Abstecher gerade auf den alten Klosterfriedhof machten. Zuerst hat aber die Gruppe die barocken Stollen unter dem Tepler Kloster besucht, die das Wasser abführen. 

Begegnung mit Freunden….

Nach der Ankunft am Tepler Marktplatz konnte ich wieder gute Freunde und Bekannte begrüßen: den Bürgermeister von Tepl, Karel Hermann, den stellv. Bürgermeister Martin Klepal, und den Büroleiter vom Bürgermeister Vít Červenka. Auf dem Podium spielte gerade die Rockgruppe „Potíže“ (Schwierigkeiten) und das Zelt vor dem Rathaus war sehr gut gefüllt. Bei diesem Stadtfest, welches an 640 Jahre Verleihung der Stadtrechte und 155 Jahre Freiwillige Feuerwehr erinnerte, waren auch Vertreter der Partnerstadt Butzbach mit dem neuen Bürgermeister Sascha Huber anwesend. Das Bier holte ich mir vom Stand des Restaurants „Kuželna,“ welches das Ehepaar Bílek leitet. Kurz vor sechs ging es zurück zum Stift und ich konnte noch eine ganz besondere Begegnung erleben: Der tschechische Verein „Gedächtnis des Volkes“ aus Karlsbad nahm Interviews mit Horst und Inge Mauder auf. Inge wurde in Tepl geboren und wurde nach dem zweiten Weltkrieg vertrieben. Auch Horst ist ein Vertriebenenkind aus Böhmisch Leipa/Robitz (Robeč).  Vor dem Abendessen erlebte ich eine weitere nette Begegnung: Die Geigenspielerin von Freitag, Arribas Quintana, war mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern auch auf der Terrasse der Klosterwirtschaft und ich konnte mich mit ihnen auch ein wenig unterhalten. Eine sehr sympathische Frau. Nach dem Abendessen wurde noch fleißig gesungen: deutsche und tschechische Volkslieder. Ilyas Zivana überraschte mit einem guten Tschechisch, sogar mit Kenntnissen der böhmischen Volkslieder.

Sonntag im Kloster….

Sonntagfrüh startete der Tag mit dem nächsten Vortrag vom Julian Wetzig: „Erfolgsindikatoren/ - Kriterien.“  Wetzig erklärte detailliert die Kriterien für die EPL- Liste. Mit vielen praktischen Beispielen wird die Arbeit bei der Projekt- Vorbereitung erleichtert. Im weiteren Verlauf erklärte Wetzig noch einmal die Projektbeschreibung und brachte praktische Beispiele von Projekten. Nach der Beendigung der Vorträge machten sich die ersten auf den Weg nach Hause, denn die aus Nordmähren oder Schlesien habe einen sehr langen Weg nach Hause. Die, die es näher hatten, besuchten noch die hl. Messe in der Stiftskirche. Nun heißt es nur: viel Spaß bei der Vorbereitung der Projekte!